Vorgeburtliche Diagnose angeborener Herzfehler

Einführung: Pränataldiagnostik – Routine- und spezialisierte Untersuchungen

Ultraschalluntersuchungen des ungeborenen Kindes sind heutzutage fast überall ein fester Bestandteil der routinemäßigen Schwangerenvorsorge. In den meisten europäischen Ländern gibt es eine offizielle landesweite Regulierung der routinemäßigen Fehlbildungsuntersuchung. Diese beinhaltet zwischen einer und drei Ultraschalluntersuchungen zu verschiedenen Entwicklungsstadien des ungeborenen Kindes (s. Tabelle 1 unten). So finden z. B. in Deutschland, wo der Standard der Schwangerenvorsorge relativ hoch ist, Ultraschalluntersuchungen des Fetusses üblicherweise zu drei verschiedenen Zeitpunkten während der Schwangerschaft statt – zwischen der 9. und der 12. Woche (meist transvaginal), zwischen Woche 19 und 22 und zwischen Woche 29 und 32. Ultraschall ist eine nicht-invasive Methode, die kaum Risiken für die Mutter oder das Kind birgt. Sie dient dazu, die Entwicklung des Fetusses zu überwachen und potenzielle Verzögerungen oder Fehlbildungen aufzudecken. Den werdenden Eltern bietet der Routineultraschall die Möglichkeit, ihr Kind während der Schwangerschaft zu „sehen“ und eine enge emotionale Bindung zu ihrem Nachwuchs aufzubauen.

In den meisten Fällen tragen diese Routineuntersuchungen zur Beruhigung der Ängste und Sorgen, die Eltern sich um die Gesundheit ihres Babys machen, bei und zeigen eine gesunde Entwicklung. Manchmal jedoch zeigt die Ultraschallaufnahme auffällige Befunde, die auf eine Störung, eine Entwicklungsverzögerung oder eine Fehlbildung hinweisen können. In diesem Fall wird der untersuchende Arzt vermutlich weitere, spezialisierte Untersuchungen empfehlen, um das zugrunde liegende Problem genauer zu beleuchten und eine eindeutige Diagnose zu stellen.

In Abhängigkeit von den individuellen Risikofaktoren der Mutter und der Verdachtsdiagnose gibt es verschiedene Methoden, um den Feus eingehend zu untersuchen.

Bekannte Risikofaktoren für angeborene Herzfehler

Neben auffälligen Befunden bei der Routineultraschalluntersuchung gibt es einige Faktoren die bekanntermaßen das Risiko einer Mutter erhöhen, ein Kind mit einem angeborenen Herzfehler zu gebären. Falls einer oder mehrere dieser Faktoren vorliegen, wird der behandelnde Arzt vermutlich spezialisiertere Untersuchungen empfehlen, um einen genaueren Blick auf das Herzkreislaufsystem des Babys zu werfen und nach potenziellen Fehlbildungen oder Funktionsstörungen zu suchen. Studien fanden allerdings heraus, dass ein großer Anteil der betroffenen Kinder von Eltern stammt, bei denen keinerlei Risikofaktoren bekannt sind.

Risikofaktoren für angeborene Herzfehler:

  • Familiäre Vorbelastung durch angeborene Herzfehler – Ist in der Familie des Va-ters oder der Mutter bereits ein angeborener Herzfehler aufgetreten, erhöht dies das Risiko des ungeborenen Kindes, betroffen zu sein. Je nach Verwandtheitsgrad mit dem betroffenen Familienmitglied und je nach Art des Herzfehlers beträgt das Risiko unge-fähr 2 – 4 % (in der Allgemeinbevölkerung liegt das Risiko für einen angeborenen Herzfehler etwa bei 1 %).
  • Mütterliche Stoffwechselkrankheit – zum Beispiel Diabetes mellitus, Epilepsie, Phenylketonurie (PKU)
  • Infektionen während der Frühschwangerschaft
  • Kontakt der werdenden Mutter mit Teratogenen – dies sind z. B. verschiedene äußere Einflüsse, die bekanntermaßen Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen beim Embryo oder Feus hervorrufen. Dazu gehören:
    • Substanzen (z. B. Alkohol, Nikotin, Kokain, Benzodiazepine [oder “Benzos”], Lithium, Thalidomid [besser bekannt als Contergan©], bestimmte Lösungsmit-tel, Dioxine);
    • Pathogene (z. B. das Rötelnvirus);
    • Strahlung (z. B. Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlung).
  • Mehrlingsschwangerschaft
  • In-vitro-Befruchtung

Sollte ich vorgeburtliche diagnostische Untersuchungen machen lassen?

Ziele, Nutzen und Schwächen spezialisierter vorgeburtlicher diagnostischer Untersuchungen

Denken Sie bei der Entscheidung für oder gegen spezialisierte Untersuchungen stets daran, dass Sie allein entscheiden, was Ihnen als das Beste für Sie erscheint. Diese Entscheidung kann Ihnen von niemandem abgenommen werden, genauso wenig, wie Ihnen jemand vorschreiben kann, was Sie tun sollen. Auch wenn sie in vielen Fällen ratsam sein mögen, sind spezialisierte Untersuchungen nicht verpflichtend. Vorgeburtliche Untersuchungen bieten keine Garantie bezüglich des Gesundheitszustands Ihres Babys, ganz egal, was sie ergeben. Studien weisen außerdem darauf hin, dass die Rate der festgestellten Fehlbildungen von Region zu Region erheblich variieren kann und von den Fähigkeiten des Untersuchers abhängt. Nehmen Sie sich deshalb die Zeit, sich ausreichend zu informieren und beraten zu lassen, bevor Sie eine Entscheidung treffen.

Wenn Sie sich für spezialisierte vorgeburtliche Untersuchungen entschieden haben, sollten Sie auf die Möglichkeit, dass die Untersuchung auffällige Befunde ergibt, vorbereitet sein. Zweifelsohne ist es eine großartige und bewegende Erfahrung, das ungeborene Kind zu sehen und so eine enge Verbindung zu ihm aufzubauen. Dennoch sollten Sie nicht vergessen, dass der vornehmliche Zweck von Ultraschalluntersuchungen die Suche nach Anomalien ist.

Gesagt zu bekommen, dass etwas mit dem eigenen ungeborenen Baby nicht stimmt, ist immer ein Schock. Das Wissen von der Krankheit Ihres Babys kann Sie und Ihre Familie während der Schwangerschaft belasten und Furcht und Ängste auslösen statt der üblichen erwartungsvollen und glücklichen Vorfreude auf die Geburt und alle Dinge danach. Untersuchungen, die keine definitiven Ergebnisse, sondern nur Risikoeinschätzungen liefern (z. B. Nackenfaltenmessung), können zu beunruhigenden Gedanken beitragen und vergrößern eher das Gefühl der Unsicherheit, statt Sicherheit zu geben.

Dennoch kann das Wissen über den Zustand des Babys schon während der Schwangerschaft dazu beitragen, dass sich sowohl die Eltern als auch das medizinische Personal optimal vorbereiten können. Werdenden Eltern ermöglicht das frühzeitige Wissen von der Krankheit ihres Babys, sich umfassend zu informieren und medizinische Beratung sowie psychologische Betreuung zu erhalten. Darüber hinaus haben sie genügend Zeit, alles mit Freunden und Verwandten zu besprechen. Die Auseinandersetzung mit dem Problem wird dabei helfen, die Situation zu bewältigen und so stets informierte Entscheidungen zu treffen.

Diese Entscheidungen können auch zu einem Schwangerschaftsabbruch führen, besonders, wenn es sich um eine schwere Erkrankung handelt, die das Leben des Kindes oder der Mutter bedroht. An dieser Stelle ist zu betonen, dass es nicht Zweck vorgeburtlicher Untersuchungen ist, eine Art Vorauswahl zu ermöglichen, um „fehlerhafte“ Kinder auszusortieren. Dennoch kann eine Abtreibung unter bestimmten Umständen als die beste Lösung erscheinen, und niemand anders als die werdenden Eltern selbst sollte diese Entscheidung treffen.

Eltern, die sich nach der pränatalen Diagnosestellung eines angeborenen Herzfehlers dafür entscheiden, die Schwangerschaft fortzusetzen, haben noch genügend Zeit, sich mental auf das vorzubereiten, was kommt, und alles zu lernen, was sie über die Erkrankung ihres Kindes wissen müssen. Durch Kontaktaufnahme mit Selbsthilfegruppen und anderen professionellen Organisationen können sie sich über die Konsequenzen des Herzfehlers ihres Kindes informieren und darüber, welche Auswirkungen er auf ihr Leben haben wird. Außerdem können sie so alles über den Krankheitsverlauf und Behandlungsmöglichkeiten herausfinden. Nach der Geburt des Babys wird dieses Wissen den Umgang mit der Situation viel einfacher machen.

Darüber hinaus kann das medizinische Personal - idealerweise ein interdisziplinäres Team aus Spezialisten - dadurch sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt optimal begleiten und alle nötigen Vorkehrungen treffen, um die bestmögliche Behandlung für das Kind sicherzustellen. Studien weisen darauf hin, dass ein fetales Echokardiogramm zu einer Verminderung der durch Herzfehler bedingten Morbidität und Mortalität bei Neugebornen führt. Abhängig von der Art des Herzfehlers kann es sein, dass der werdenden Mutter geraten wird, in einem spezialisierten Zentrum oder einem Krankenhaus mit einer Kinderintensivstation zu gebären, da bei einigen neugeborenen Babys gegebenenfalls sofort bestimmte Medikamente verabreicht oder Eingriffe unternommen werden müssen. In manchen Fällen ist evtl. sogar eine intrauterine Behandlung eine Option. In jedem Fall trägt eine sorgfältige und individuelle Vorbereitung aller notwendigen Schritte maßgeblich zur Erhöhung der Überlebenschancen des Kindes bei und bildet die Grundlage für ein möglichst normales Leben für die gesamte Familie.

Vorgeburtliche diagnostische Methoden zur Feststellung eines angeborenen Herzfehlers

Fetale Echokardiographie

Fetale Echokardiographie ist die gebräuchlichste diagnostische Methode, um einen angeborenen Herzfehler festzustellen. Ein fetales Echokardiogramm ist eine spezielle Art von Ultraschalluntersuchung, mit der man vor der Geburt sehr detailliert die Struktur und Funktion des Baby-Herzens einschätzen kann. Durch die Anwendung verfeinerter Ultraschalltechniken wie der Farbdoppler-Echokardiographie ist der Untersucher in der Lage, die Herzkammern, Klappen und Gefäße und die Richtung und Geschwindigkeit des Blutflusses bis ins Detail darzustellen. Dadurch wird eine genaue Einschätzung der Herzfunktion inklusive Herzfrequenz und -rhythmus ermöglicht, und Fehlbildungen oder Auffälligkeiten können frühzeitig entdeckt werden.

Für schwangere Frauen mit einem hohen Risiko, ein Kind mit angeborenem Herzfehler zu gebären (z. B. wenn sie bereits ein Kind mit dieser Erkrankung geboren haben oder wenn bereits chromosomale oder extrakardiale auffällige Veränderungen festgestellt wurden), besteht die Möglichkeit eines frühzeitigen fetalen Echos, welches meist transvaginal um die 15. Schwangerschaftswoche herum durchgeführt wird. Obwohl man zu diesem Zeitpunkt bereits Einzelheiten der Herzstruktur sehen kann, sind die Ergebnisse dieser frühzeitigen Untersuchung zuweilen unklar, und die Wahrscheinlichkeit, dass irgendetwas übersehen oder falsch interpretiert wird, ist ziemlich hoch. Aus diesem Grund kann das frühzeitige fetale Echo durch eine zweite Untersuchung ergänzt werden, die laut den Leitlinien der Internationalen Gesellschaft für Ultraschall in der Geburtshilfe und Gynäkologie (International Society of Ultra-sound in Obstetrics and Gynaecology) zwischen Schwangerschaftswoche 18 und 22 stattfinden sollte. Diese Phase betrachtet man als die ideale Zeit, um eine Herzfehlbildung festzustellen, da das Herz und die Organe des Babys bis dahin weit genug entwickelt sind, um genau betrachtet zu werden.

Der Wert eines fetalen Echokardiogramms hängt in hohem Maße von den Fähigkeiten des Untersuchers ab. Deshalb sollte diese Untersuchung von einem Experten durchgeführt werden, der speziell in der Untersuchung des Herzkreislaufsystems ungeborener Babys sowie im Management von Schwangerschaften, bei denen ein angeborener Herzfehler involviert ist, geschult ist. Dabei kann es sich um einen Kardiologen oder einen speziell in der Echokardiographie ausgebildeten Geburtshelfer handeln.

Trotz alledem können manche Fehlbildungen nicht einmal mittels einer genauen Untersuchung durch einen Experten vor der Geburt festgestellt werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um unbedeutende Herzfehler, wie z. B. kleine Löcher zwischen den Kammern oder leichte Klappenanomalien. Darüber hinaus treten manche angeborene Herzfehlbildungen erst ein paar Tage nach der Geburt zu Tage, da sich in dieser Zeit die Physiologie des Herzens und der Lunge verändert: der fetale wird zum normalen Kreislauf.

Trotz dieser Schwächen ist die fetale Echokardiographie eine verlässliche und gebräuchliche diagnostische Methode zur Feststellung angeborener Herzfehler. Sie ist nicht-invasiv und es kommen dabei Ultraschallwellen und keine ionisierende Strahlung zum Einsatz. Die Untersuchung ist schmerzfrei und birgt keine Risiken für die Mutter oder das ungeborene Kind. Des-halb kann sie insbesondere für Fälle mit einem erhöhten Risiko für einen angeborenen Herzfehler gefahrlos empfohlen werden.

Falls durch die fetale Echokardiographie ein angeborener Herzfehler festgestellt wurde, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass es sich hierbei nicht um einen isolierten Herzfehler, sondern um ein zugrunde liegendes Syndrom oder eine genetische Störung (z. B. Down-Syndrom oder Marfan-Syndrom) handelt. Es besteht die Möglichkeit multipler Fehlbildungen. Den Angaben einer Studie von Eurocat (European Surveillance of Congenital Anomalies; Europäische Beobachtung angeborener Fehlbildungen) zufolge gingen zwischen den Jahren 2000 und 2005 18 % der diagnostizierten Fälle eines angeborenen Herzfehlers mit anderen bedeutsamen Anomalien einher. Da das Vorhandensein weiterer Anomalien sich erheblich auf die Prognose des Kindes auswirken kann, ist eine komplette und differenzierte Prüfung des Falles zu empfehlen, um sich ein eindeutiges Bild zu verschaffen. Zur Aufklärung der Situation stehen weitere Untersuchungen wie die Fruchtwasseruntersuchung zur Verfügung.

Nackenfaltenmessung

Hierbei handelt es sich um eine weitere spezialisierte Ultraschalluntersuchung, die zwischen Schwangerschaftswoche 11 und 14 stattfindet, falls sie als notwendig erachtet wird; dies ist z. B. bei Verdacht auf Anomalien oder einer bekannten Vorbelastung der Mutter der Fall. Die Untersuchung lässt sich leicht mit der routinemäßigen Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung kombinieren.

Während der frühen Phase der Entwicklung befindet sich bei jedem Feus eine Flüssigkeitsansammlung in den weichen Teilen des Nackens, der so genannten Nackenfalte. Dieser Bereich wird bei der Untersuchung gemessen, da es Belege dafür gibt, dass eine vergrößerte Dicke der Nackenfalte auf das Vorhandensein einiger Missbildungen hinweisen kann. Der Test wird hauptsächlich genutzt, um das Risiko des Babys für Down-Syndrom oder andere chromosomale Anomalien einzuschätzen; in mehreren Studien wurde jedoch berichtet, dass eine verdickte Nackenfalte auch mit einem höheren Risiko für angeborene Herzfehler in Verbindung gebracht werden kann.

Es handelt sich hier jedoch um ein Untersuchungsverfahren, das lediglich die statistische Wahrscheinlichkeit einer Fehlbildung oder Erkrankung beim Baby angeben kann. Das Vorliegen einer Missbildung kann dadurch weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Ebenso deutet eine verdickte Nackenfalte nicht auf einen bestimmten Herzfehler hin.

Derzeit wird das Risiko, dass eine verdickte Nackenfalte mit einem angeborenen Herzfehler einhergeht, auf etwa 4 – 7 % geschätzt. Ein Zusammenhang zwischen bestimmten Herzfehlbildungen und der Nackenfaltendicke ist jedoch noch sehr unsicher, und das Thema wird unter Medizinern kontrovers diskutiert.

Die Nackenfaltenmessung sollte deshalb als Vorsorgeuntersuchung eingestuft werden. Ein positiver Befund bei der Nackenfaltenmessung kann eine wichtige Indikation für weitere Tests, z. B. eine komplette fetale Echokardiographie oder eine Fruchtwasseruntersuchung, darstellen.

Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese)

Die Fruchtwasseruntersuchung ist die meistgebräuchliche invasive vorgeburtliche Untersu-chung. Sie dient hauptsächlich dazu, chromosomale und bestimmte genetische Anomalien festzustellen bzw. auszuschließen. Angeborene Herzfehler lassen sich mittels dieser Untersuchung nicht feststellen, aber sie kann durchgeführt werden, um sicherzustellen, ob eine ver-mutete oder bestätigte Herzfehlbildung Teil eines zugrunde liegenden Syndroms ist, welches sich genetisch feststellen lässt. Es gibt mehrere genetische Syndrome, die bekanntermaßen häufig mit angeborenen Herzfehlern einhergehen. Für einige von ihnen, z. B. Down-Syndrom, Marfan-Syndrom oder Turner-Syndrom, gibt es genetische Tests. Bei diesen Erkrankungen kann die Fruchtwasseruntersuchung eine wichtige Methode in der vorgeburtlichen Diagnose angeborener Herzfehler sein.

Während der Untersuchung wird eine dünne Nadel in den Uterus der Frau eingeführt und mit einer Spritze eine kleine Probe des Fruchtwassers (2 – 4 Teelöffel), das das Baby umgibt und schützt, entnommen. Um den Fetus vor potenziellen Verletzungen durch die Nadel zu schützen, wird gleichzeitig Ultraschall verwendet, um die genaue Lage des Babys festzustellen und seine Bewegungen zu überwachen. Dadurch kann das Risiko einer Verletzung minimal gehal-ten werden.

Im Fruchtwasser sind fetale Zellen enthalten, die auf Anomalien getestet werden. Mittels einer Chromosomenanalyse können einige strukturelle chromosomale Auffälligkeiten wie Down- oder Turner-Syndrom festgestellt werden. Einige genetisch bedingte Entwicklungsstörungen wie das Williams-Syndrom können mit einer spezifischen DNA-Analyse ermittelt werden. Die ersten Ergebnisse liegen bereits nach ein paar Tagen vor, während die komplette Auswertung in der Regel nach zwei Wochen abgeschlossen ist. Mit der Fruchtwasseruntersuchung können bestimmte genetische Störungen wie das Down-Syndrom exakt und mit Sicherheit festgestellt werden. Es können jedoch damit nicht alle Geburtsfehler festgestellt werden. Auch Herzfehler können so nicht ermittelt werden, und wenn keine auffällige Veränderung festgestellt wurde, garantiert das nicht, dass das Baby gesund auf die Welt kommen wird.

Die Fruchtwasseruntersuchung zur Ermittlung genetischer Störungen wird gewöhnlich zwischen der 15. und der 20. Schwangerschaftswoche (zweites Trimester) durchgeführt, wenn die damit zusammenhängenden Risiken ziemlich gering sind. Ein Restrisiko für Komplikationen bleibt jedoch, selbst wenn die Untersuchung gut verlaufen ist und keine Auffälligkeiten festgestellt wurden. Zu diesen Komplikationen gehören:

  • Verletzung der Mutter oder des Fetusses durch die Nadel trotz der Verminderung dieses Risikos durch die Führung der Nadel mittels Ultraschall. Falls eine Verletzung, wie z. B. ein Einstich in die Plazenta, auftritt, heilt diese gewöhnlich ohne weitere Probleme.
  • Mütterliche Infektion durch den Eintritt von Bakterien in die Fruchtblase; diese Komplikation tritt jedoch sehr selten auf.
  • Kontakt der Mutter mit dem Blut des Babys; dies führt jedoch nur zu einem Problem, wenn das Blut der Mutter Rhesus-negativ und das des Babys Rhesus-positiv ist. In diesem Fall können Komplikationen durch die intravenöse Gabe entsprechender Antikörper an die Mutter vermieden werden. Das Risiko, dass diese Komplikation auftritt, ist jedoch gering.

Sehr selten führen die durch eine Fruchtwasseruntersuchung ausgelösten Komplikationen zu einer Fehlgeburt. Laut veröffentlichten Daten tritt eine Fehlgeburt in einem von 100 bis 400 Fällen auf.

Wenn Sie eine Fruchtwasseruntersuchung erwägen, sollten Sie stets das Risiko und den Gewinn der Prozedur gegeneinander abwägen und den Nutzen der Ergebnisse für Ihren speziellen Fall überdenken. Besprechen Sie die Angelegenheit mit Ihren behandelnden Ärzten, um zu einer informierten und angemessenen Entscheidung zu kommen.

Weitere vorgeburtliche diagnostische Untersuchungen

Zusätzlich zu den auf dieser Seite beschriebenen diagnostischen Untersuchungen besteht die Möglichkeit einiger weiterer Untersuchungen, wie z. B. Nabelschnurblutanalyse oder Chorionzottenbiopsie. Dabei handelt es sich um Prozeduren zur Entnahme fetaler Zellen für genetische Tests. Da diese ein höheres Risiko sowohl für den Feten als auch für die Mutter bergen, werden sie nur selten zur vorgeburtlichen Diagnose angeborener Herzfehler genutzt. Deshalb werden sie hier nicht genauer beschrieben.

Abschließende Bemerkungen

Einige vorgeburtliche Diagnostikmethoden können beim Management der Schwangerschaft und bei der Vorbereitung der Geburt helfen. Besonders hilfreich sind diese Methoden in Fällen, wo eine bestimmte Vorbelastung oder eine andere Indikation für das Vorhandensein eines angeborenen Herzfehlers bekannt ist.
Obwohl sich viele Erkrankungen durch eine oder mehrere dieser Untersuchungen feststellen lassen, haben diese Methoden auch Beschränkungen. Nicht alle Anomalien lassen sich mit vorgeburtlichen Untersuchungen feststellen. Ein negativer Befund einer Untersuchung ist immer noch keine Garantie dafür, dass das Kind gesund geboren wird.

Nach Angaben der veröffentlichten Literatur werden nur 20 – 30 % aller angeborenen Herzfehler im Rahmen der Routine-Schwangerschaftsvorsorge festgestellt. In spezialisierten Zentren steigt dieser Prozentsatz allerdings auf ca. 60 – 95 % an. Generell besagen Studien, dass sich die Ermittlungsrate von Fehlbildungen im Zuge der Weiterentwicklungen im technologischen Bereich sowie im Bereich der Untersuchungsfertigkeiten verbessert hat. Darüber hinaus konnte das Schwangerschaftsalter zum Zeitpunkt der Diagnosestellung herabgesetzt werden, was bedeutet, dass Fehlbildungen frühzeitiger entdeckt werden.

Studien fanden außerdem heraus, dass die Ermittlungsraten isolierter angeborener Herzfehler geringer sind als jene von angeborenen Herzfehlern, die mit einem Syndrom, einer Chromosomenanomalie oder anderen Fehlbildungen einhergehen.

Es liegt, wie bereits gesagt, in Ihrer Hand zu entscheiden, ob spezialisierte vorgeburtliche diagnostische Untersuchungen für Sie eine angemessene Option darstellen.

Nationale Regulierung/Empfehlungen für routinemäßige vorgeburtliche Ultraschalluntersuchungen in 18 Europäischen Ländern (in Kraft 2004)

LandRegulierung/Empfehlungen zur
Routine-Ultraschallvorsorge

Gestation zum Zeitpunkt der Routineuntersuchungen (Woche)
Österreich2 Untersuchungen10-14*, 18-22, 30-34
Belgien3 Untersuchungen10-14, 18-23, 29-33
Kroatien1 Untersuchungen10-14*, 18-23, 34-37*
Dänemark2 Untersuchungen10-14, (Nacken), 18
England und Wales2 Untersuchungen10-12, 18-23
Finnland1 oder 2 Untersuchungen16-19 bei 1 Untersuchung, 13-14 und 18-20 bei 2 Untersuchungen
Frankreich3 Untersuchungen10-14, 18-23, 29-32
Deutschland3 Untersuchungen9-12, 19-22, 29-32
IrlandKeine nationale Regulierung18-22*
Italien3 Untersuchungen10-14, 18-23, 30
MaltaKeine nationale Regulierung18-23*, 34-25*
NiederlandeKeine nationale RegulierungKeine Routineuntersuchung
Norwegen1 Untersuchungen18
Portugal3 Untersuchungen10-14, 18-23, 29-33
Polen3 Untersuchungen10-14, 18-22, 28-32
SpanienKeine nationale Regulierung Praxis regional unterschiedlich10-14*, 18-23*, 29-33*
Schweden2 Untersuchungen10-14, 16-17
Schweiz2 Untersuchungen11-14, 20-22

*Keine offizielle Regulierung, aber gewöhnlich durchgeführt.

Source: Boyd et al. 2008

Quellen

Boyd P, De Vigan C, Garne E. Prenatal Screening Policies in Europe. EUROCAT Special Report. Ulster 2005.

Boyd PA, De Vigan C, Khoshnood B, Loane M, Garne E, Dolk H, EUROCAT working group. Survey of prenatal screening policies in Europe for structural malformations and chromosome anomalies, and their impact on detection and termination rates for neural tube defects and Down’s syndrome. BJOG 2008;115:689-696.

Dolk H, Loane M (EUROCAT Central Registry). Congenital Heart Defects in Europe 2000 – 2005. EUROCAT Special Report. Ulster 2009.

Garne E, Stoll C, Clementi M and The Euroscan Group. Evaluation of prenatal diagnosis of congenital heart diseases by ultrasound: experience from 20 European registries. Ultrasound Obstet Gynecol 2001;17:386-391.

The International Society of Ultrasound in Obstetrics & Gynecology. Cardiac screening examination of the fetus: guidelines for performing the ‘basic’ and ‘extended basic’ cardiac scan. Ultrasound Obstet Gynecol 2006;27:107-113.

Autor(en): Eva Niggemeyer
Letzte Aktualisierung: 2008-09-23