Ebstein-Anomalie

Was versteht man unter einer Ebstein-Anomalie?

(© Kompetenznetz Angeborene Herzfehler)

Diese Fehlbildung wurde nach dem Arzt Wilhelm Ebstein benannt. „Anomalie“ deutet auf eine Unregelmäßigkeit bzw. Fehlentwicklung hin.

Die wesentlichen Merkmale einer Ebstein-Anomalie sind:

  • eine Verlagerung der Trikuspidalklappe. Diese befindet sich nicht mittig zwischen rechtem Vorhof und rechter Herzkammer, sondern ist in die Tiefe der rechten Herzkammer verschoben.
  • Der rechte Vorhof ist entsprechend größer und die rechte Herzkammer kleiner als bei einem normalen Herz. Es wird somit weniger sauerstoffarmes Blut in die Lunge gepumpt, das sich dort mit Sauerstoff anreichern könnte.
  • Die Wand zwischen den Vorhöfen hat häufig ein Loch – einen sogenannten Atriumseptumdefekt –, durch das sauerstoffarmes Blut vom rechten in den linken Vorhof übertritt. Und:
  • Das aus der linken Herzkammer in die Hauptschlagader gepumpte und von dort durch den Körper geleitete Blut enthält nicht genug Sauerstoff, um eine ausreichende Versorgung sicherstellen zu können.

Eine Ebstein-Anomalie kann in verschiedenen Schweregraden von sehr leicht und symptomarm bis hin zu sehr schwer auftreten. Wie sehr sich die Fehlbildung auf den Betroffene auswirkt, hängt davon ab, wie viel Blut die Lunge erreicht, dort Sauerstoff aufnehmen und anschließend den Körper versorgen kann.

Ist die Anomalie nur leicht ausgeprägt, so kann der Patient abgesehen von Herzgeräuschen völlig beschwerdefrei sein. Bei manchen Babys ist eine bläuliche Hautverfärbung (eine sogenannte Blausucht oder Zyanose) zu beobachten. In schwereren Fällen, in denen kaum Blut zur Lunge gelangt, kann das Baby hingegen bereits bei der Geburt lebensbedrohlich krank sein und sofort ärztlicher Hilfe bedürfen.

Diagnose

Eine Ebstein-Anomalie lässt sich manchmal schon vor der Geburt im Ultraschallbild feststellen. Falls nach der Geburt nicht ausreichend Blut die Lunge erreicht, kann dies lebensbedrohlich für das Neugeborene werden, sobald sich die Kurzschlussverbindung des fetalen Blutkreislaufs (Ductus arteriosus) schließt. Bei betroffenen Babys treten Anzeichen von Herzversagen, starkes Schwitzen, Müdigkeit und Blausucht (Zyanose) auf.

Sofern die Fehlbildung nur leichtgradig vorliegt, kann das Kind jahrelang abgesehen von Herzgeräuschen beschwerdefrei bleiben. Diese Herzgeräusche werden durch das Blut verursacht, das durch die fehlgebildete Trikuspidalklappe in den Vorhof zurückläuft.

Wenn Herzgeräusche festgestellt wurden, können verschiedene Untersuchungen die Diagnose sichern:

  • Messen von Puls, Blutdruck und Temperatur, Abzählen der Atemzüge je Minute
  • Abhören mit dem Stethoskop, um Veränderungen der Herzgeräusche erkennen zu können
  • Überwachen der Sauerstoffsättigung unter Einsatz eines Pulsoximeters, der anzeigt, wie viel Sauerstoff ins Blut gelangt
  • Röntgen des Brustraums zur Ermittlung von Herzgröße und -lage
  • EKG (Elektrokardiogramm) zur Erfassung der Herzströme
  • Ultraschalluntersuchung (Echokardiografie), um den Blutfluss durch das Herz zu beobachten
  • Prüfung des chemischen Gleichgewichts in Blut und Urin
  • Gegebenenfalls sind eine Katheteruntersuchung oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) erforderlich.

Es kommt vor, dass sich eine Ebstein-Anomalie erstmals bei einem schon älteren Kind durch Herzrasen (Tachykardie), Kurzatmigkeit und Schmerzen im Brustkorb ankündigt.

Behandlung

Welche Behandlung bei einer Ebstein-Anomalie sinnvoll ist, richtet sich nach dem Schweregrad der Fehlbildung. Der Kardiologe wird Ihnen die in Frage kommenden Behandlungsoptionen eingehend erläutern.

Falls der Patient nur leichte Symptome hat, wird er abgesehen von regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Kardiologen unter Umständen keiner Behandlung bedürfen.

Operation

Falls der Betroffene nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, da nicht genug Blut zur Lunge gelangt, ist eine Operation am offenen Herzen erforderlich. Das Herz wird dabei angehalten und geöffnet, um die Reparatur zu ermöglichen. Seine Aufgaben übernimmt währenddessen eine Herz-Lungen-Maschine.

Hauptziel der Operation wird es sein, genügend sauerstoffarmes Blut in die Lunge zu lenken, damit es sich dort mit Sauerstoff anreichern kann. Falls die Ebstein-Anomalie nicht sehr stark ausgeprägt ist, zielt die Operation darauf ab,

Ersatz der Trikuspidalklappe

Manchmal ist die Trikuspidalklappe so stark fehlgebildet, dass sie mit einer mechanischen (künstlichen) Klappe ersetzt werden muss. Kunstklappen wachsen nicht mit dem Kind mit, so dass später gegebenenfalls weitere Operationen notwendig werden.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass Kinder mit künstlichen Herzklappen ihr Leben lang Gerinnungshemmer (Antikoagulantien) einnehmen, wodurch sich gewisse Folgen in Bezug auf ihre Gesundheit und Lebensqualität ergeben.

Fontan-Operation

Bei einigen Kindern mit Ebstein-Anomalie ist die rechte Herzkammer zu klein, um ihre Funktion erfüllen zu können. In diesem Fall hat der Chirurg die Möglichkeit, bei einer sogenannten Fontan-Operation die rechte Herzkammer direkt an die Lungenschlagader anzuschließen. Dadurch wird das sauerstoffarme Blut direkt in die Lungenschlagader gedrückt, ohne dass es die Trikuspidalklappe und die rechte Herzkammer passieren müsste.

BT-Shunt und Fontan-Operation

Bei Kindern, die mit einer sehr schwergradigen Ebstein-Anomalie zur Welt kommen, muss unter Umständen ein BT-Shunt angelegt werden, damit mehr Blut zur Lunge fließen kann. Dieser Eingriff wird meist kurz nach der Geburt vorgenommen. Der BT-Shunt besteht darin, dass ein Ast einer Armarterie mit der Lungenschlagader verbunden wird. Diese Operation kann durch Öffnen einer Brustseite bei schlagendem Herzen oder unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine von vorn (als Operation am offenen Herzen) durchgeführt werden.

Die weitere Korrektur (die Fontan-Operation) kann nun zwei oder drei Jahre später erfolgen. Es dauert meist ein bisschen, bis sich Kinder von diesen Eingriffen erholen, da sich Herz und Lunge erst an die neuen Druckverhältnisse im Blutkreislauf anpassen müssen.

Nach der Behandlung

Den meisten Patienten geht es nach der Behandlung deutlich besser. Sie werden eine Narbe in Brustmitte davontragen sowie eventuell weitere kleine Narben an den Stellen, an denen Kanülen gelegt worden sind. Diese Narben verblassen meist sehr schnell, verschwinden jedoch nicht vollständig. Kleinere Narben an Hals und Händen hingegen bilden sich in der Regel ganz zurück.

Folgende Probleme können nach der Operation oder auch im weiteren Lebensverlauf auftreten:

  • Eine geringfügige Undichtigkeit der Herzklappen ist normal. Spitzt sich dieses Problem jedoch zu, so kann eine Reparatur oder auch der Ersatz mit einer künstlichen Herzklappe erforderlich werden. Eine regelmäßige Kontrolle stellt sicher, dass der Herzklappenersatz voll leistungsfähig bleibt. Auch müssen Kunstklappen im Laufe des Wachstums des Kinds ausgetauscht werden. Es ist wichtig, dass Kinder mit künstlichen Herzklappen ihr Leben lang Gerinnungshemmer (Antikoagulantien) einnehmen, wodurch sich gewisse Folgen in Bezug auf ihre Gesundheit und Lebensqualität ergeben.
  • Es kann sein, dass sich der Herzschlag des Patienten mit der Zeit stark beschleunigt (Tachykardie). Dies muss eventuell mit Medikamenten gegen Herzrhythmusstörungen, sogenannten Antiarrhytmika, behandelt werden.
Autor(en): Children’s Heart Federation
Letzte Aktualisierung: 2012-04-26